Eine Netzhautablösung (Ablatio retinae) bezeichnet das Ablösen der lichtempfindlichen Netzhaut von der darunterliegenden Aderhaut im Auge. Dadurch wird die Versorgung der Netzhaut mit Sauerstoff und Nährstoffen unterbrochen. Unbehandelt kann dies zur Erblindung führen. Meist entsteht eine Ablösung der Netzhaut durch kleine Risse oder Löcher, durch die Flüssigkeit eindringt. Sie verursacht zunächst keine Schmerzen und bleibt oft unbemerkt, kann sich aber plötzlich mit deutlichen Sehstörungen äußern. Da es sich um einen augenärztlichen Notfall handelt, ist die frühzeitige Erkennung typischer Symptome und Risikofaktoren entscheidend.
In diesem Beitrag erfahren Sie alles über die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten einer Netzhautablösung.
Das Wichtigste in Kürze
- Was ist eine Netzhautablösung? Ablösung der Netzhaut von der Aderhaut, durch die die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung unterbrochen wird.
- Symptome und Warnzeichen: Plötzliche Lichtblitze, schwarze Punkte („Mouches volantes“) und Schatten im Gesichtsfeld.
- Häufige Ursachen: Netzhautrisse durch Glaskörperabhebung (altersbedingt oder bei starker Kurzsichtigkeit), Augenverletzungen oder krankhafte Flüssigkeitsansammlungen.
- Behandlungsmöglichkeiten: Je nach Schwere Laser oder Kryotherapie, bei vollständiger Ablösung operative Verfahren wie Vitrektomie oder Buckelchirurgie.
- Prognose und Vorsorge: Frühzeitige Diagnose verbessert Heilungschancen deutlich; regelmäßige augenärztliche Kontrollen besonders bei Risikogruppen wichtig.
Was ist eine Netzhautablösung?
Die Netzhaut ist eine hochsensible, lichtempfindliche Schicht im hinteren Bereich des Auges. Sie wandelt das einfallende Licht in elektrische Impulse um und leitet es über den Sehnerv an das Gehirn weiter. Dort entsteht das Bild.
Löst sich diese Netzhaut von der darunterliegenden Schicht, der sogenannten Aderhaut, ab, spricht man von einer Netzhautablösung (Ablatio retinae).
In diesem Zustand wird die Versorgung der Netzhaut mit Nährstoffen und Sauerstoff unterbrochen. Das hat gravierende Folgen. Ohne rasche Behandlung kann es zu einem dauerhaften Verlust des Sehvermögens kommen. Die Erkrankung ist daher ein augenärztlicher Notfall.
Die Netzhautablösung entwickelt sich häufig auf dem Boden eines kleinen Risses oder Lochs in der Netzhaut, durch das Flüssigkeit aus dem Glaskörper unter die Netzhaut eindringen kann. In vielen Fällen bleibt eine solche Veränderung zunächst unbemerkt. Sie macht sich dann ganz plötzlich bemerkbar.
Was sind die Symptome einer Netzhautablösung?
Die Symptome einer Netzhautablösung treten meist schlagartig und ohne Vorwarnung auf. Patienten berichten zunächst über das Auftreten von Lichtblitzen (Photopsien), die vor allem in dunkler Umgebung oder bei geschlossenen Augen wahrgenommen werden. Diese Lichtblitze entstehen durch Zugkräfte auf die Netzhaut, die durch den sich verflüssigenden Glaskörper ausgeübt werden.
Im weiteren Verlauf können plötzlich viele kleine schwarze Punkte oder Formen im Gesichtsfeld erscheinen. Das sind die sogenannten Mouches volantes („fliegende Mücken“), die sich wie Rußregen über das Sehfeld legen.
Besonders alarmierend ist es, wenn das Gefühl auftritt, als ob sich ein dunkler Schatten oder Vorhang von oben, unten oder von der Seite in das Sichtfeld schiebt. Dieses Symptom deutet darauf hin, dass sich die Netzhaut bereits in größerem Ausmaß abgelöst hat.
Wird die Makula, also das Zentrum des schärfsten Sehens, in Mitleidenschaft gezogen, kommt es zudem zu einer deutlichen Verschlechterung der Sehschärfe. Auffällig ist, dass diese Beschwerden schmerzlos sind. Doch das macht sie umso gefährlicher. Ein solches Beschwerdebild muss immer als augenärztlicher Notfall betrachtet werden, der unverzüglich abgeklärt werden muss.
Was sind die Ursachen einer Netzhautablösung?
Netzhautablösungen können verschiedene Ursachen haben. Die häufigste Form ist die sogenannte rhegmatogene Netzhautablösung, die durch einen Riss in der Netzhaut entsteht.
Verletzungen des Auges oder krankhafte Flüssigkeitsansammlungen unter der Netzhaut können auch eine Ablösung verursachen. Man unterscheidet im Wesentlichen drei Arten:
Rissbedingte Netzhautablösung (rhegmatogen)
Diese Form ist die mit Abstand häufigste. Sie entsteht, wenn sich durch altersbedingte oder krankhafte Veränderungen ein Riss oder ein Loch in der Netzhaut bildet. In den meisten Fällen hat man vor dieser Entwicklung eine Glaskörperabhebung. Das ist ein natürlicher Alterungsprozess, bei dem sich der Glaskörper vom hinteren Augenpol löst.
Durch den Riss kann Flüssigkeit aus dem Glaskörperraum unter die Netzhaut treten, wodurch sich diese vom Untergrund ablöst. Besonders gefährdet sind Personen mit starker Kurzsichtigkeit (Myopie), da bei ihnen die Netzhaut durch die Dehnung des Augapfels dünner und anfälliger für Risse ist.
Verletzungsbedingte Netzhautablösung (traumatisch)
Ein weiterer Auslöser kann ein stumpfes oder durchdringendes Trauma des Auges sein, zum Beispiel durch einen Unfall, einen Schlag oder einen Fremdkörper.
Auch nach bestimmten Augenoperationen, etwa einer Katarakt-Operation (Grauer Star), kann es durch Zug oder Verletzung zu einer Schädigung der Netzhaut kommen.
Traumatische Netzhautablösungen treten oftmals bei jüngeren Menschen auf. Sie erfordern eine besonders schnelle Reaktion, da sie häufig mit weiteren inneren Verletzungen des Auges einhergehen können.
Flüssigkeitsbedingte Netzhautablösung (exsudativ)
Seltener ist die sogenannte exsudative Netzhautablösung, bei der kein mechanischer Riss vorliegt. Vielmehr sammelt sich Flüssigkeit durch krankhafte Veränderungen unter der Netzhaut an. Das kann bei Entzündungen, Tumoren, Gefäßerkrankungen oder immunologischen Prozessen passieren.
Diese Form ist oft schwieriger zu diagnostizieren und zu behandeln, da die Ursache meist in einer systemischen oder entzündlichen Grunderkrankung liegt. Um den Ursprung der Flüssigkeitsansammlung ermitteln und zielgerichtet behandeln zu können, ist eine sorgfältige Diagnostik grundlegend.
Risikofaktoren und Früherkennung
Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Netzhautablösung besteht bei verschiedenen Patientengruppen.
- Stark kurzsichtige Menschen: Bei ihnen ist die Netzhaut durch die Dehnung des Augapfels deutlich dünner und anfälliger für Risse.
- Probleme auf dem anderen Auge: Auch Patienten, die bereits eine Netzhautablösung oder Netzhautrisse am anderen Auge hatten, sind gefährdet.
- Augenoperationen: Ebenso kann ein erhöhtes Risiko nach bestimmten Augenoperationen, wie der Entfernung des Grauen Stars, bestehen.
- Weitere Risikofaktoren: entzündliche Augenerkrankungen, Tumorerkrankungen, genetische Vorbelastung sowie schwere systemische Erkrankungen.
Wie kann eine Netzhautablösung vorgebeugt werden?
Eine hundertprozentige Vorbeugung ist nicht möglich, eine frühzeitige Erkennung aber schon. Sie sollten auf regelmäßige augenärztliche Kontrollen, insbesondere bei bestehender Myopie oder nach einer Glaskörperabhebung, achten.
Erkennt der Augenarzt Veränderungen in der Netzhautstruktur oder bereits bestehende Löcher oder Risse, so können diese mit einem gezielten Lasereingriff oder einer Kältebehandlung stabilisiert werden. Auf diese Weise lässt sich die Entstehung einer vollständigen Ablösung häufig verhindern. Darüber hinaus sollten Symptome wie Lichtblitze, schwarze Punkte oder Schatten im Sichtfeld niemals ignoriert werden.
Diagnose einer Netzhautablösung
Die Diagnose einer Netzhautablösung erfolgt durch eine augenärztliche Untersuchung mit erweiterter Pupille. Mittels spezieller Linsen und Beleuchtungseinheiten wird der Augenhintergrund begutachtet. Die Netzhaut kann dabei genau auf Veränderungen, Risse oder bereits bestehende Ablösungen untersucht werden.
Es kommen zusätzlich moderne bildgebende Verfahren wie die Optische Kohärenztomographie (OCT) zum Einsatz. Sie ermöglichen eine hochauflösende Darstellung der Netzhautschichten. In Fällen, in denen Einblutungen den Blick auf die Netzhaut erschweren, bietet sich zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung (B-Scan) an.
Für eine erfolgreiche Behandlung ist die rasche Diagnose wichtig. Idealerweise erfolgt diese innerhalb weniger Stunden nach Auftreten der Symptome. Wird die Ablösung frühzeitig erkannt und therapiert, stehen die Chancen auf die Erhaltung der Sehkraft hoch.
Behandlung einer Netzhautablösung
Die Therapie einer Netzhautablösung richtet sich nach dem Ausmaß und der Ursache der Ablösung.
Bei kleinen Netzhautrissen, die noch nicht zu einer vollständigen Ablösung geführt haben, kann eine Laserkoagulation oder Kryotherapie (Kältebehandlung) ausreichen. Dadurch wird die Netzhaut stabilisiert und ein Fortschreiten verhindert.
Ist die Netzhaut jedoch bereits teilweise oder vollständig abgelöst, sind operative Maßnahmen erforderlich. Eine häufig angewandte Methode ist die Vitrektomie, bei der der Glaskörper chirurgisch entfernt und durch eine Gas- oder Silikonöltamponade ersetzt wird. Diese drückt die Netzhaut von innen wieder an ihren ursprünglichen Platz.
Alternativ kann auch eine sogenannte Buckelchirurgie durchgeführt werden. Dabei wird ein Silikonband um den Augapfel gelegt, um Druck auf die äußere Augenwand auszuüben und so die Netzhaut passiv wieder anzulegen.
Je nach Verfahren kann eine Lagerung des Patienten nach der Operation erforderlich sein, zum Beispiel mit dem Gesicht nach unten, damit das Gas optimal auf die betroffene Stelle einwirken kann.
Verlauf und Prognose bei einer Netzhautablösung
Die Prognose bei einer Netzhautablösung hängt entscheidend vom Zeitpunkt der Diagnose sowie vom Ausmaß der Ablösung ab. Wird die Ablösung rechtzeitig operativ behandelt und ist die Makula noch nicht betroffen, bestehen gute Chancen auf eine weitgehende Wiederherstellung des Sehvermögens. In etwa 90 Prozent der Fälle gelingt es, die Netzhaut wieder anzulegen.
War jedoch bereits das Zentrum des Sehens (Makula) betroffen, kann das Sehen dauerhaft beeinträchtigt bleiben. Die Sehkraft ist dann häufig reduziert, das Kontrastsehen eingeschränkt oder das Sehen bleibt verzerrt.
In manchen Fällen kann ein zweiter Eingriff notwendig sein, um eine stabile Netzhautanlagerung zu erzielen. Eine regelmäßige augenärztliche Nachkontrolle ist daher essenziell.
Epidemiologie: Häufigkeit und Alter
Netzhautablösungen gehören zu den seltenen, aber ernsten Augenerkrankungen. Sie betreffen etwa 1 von 10.000 Menschen pro Jahr. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Besonders gefährdet sind Personen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr, da in diesem Alter die Glaskörperabhebung häufiger auftritt.
Menschen mit starker Kurzsichtigkeit haben ein bis zu zehnfach erhöhtes Risiko.
Auch Patienten, die bereits Operationen am Auge hinter sich haben, sollten auf erste Warnzeichen achten. Netzhautablösungen können auch bei jungen Menschen auftreten, insbesondere wenn eine familiäre Veranlagung, ein Trauma oder eine Vorerkrankung der Netzhaut besteht.